Leseprobe C. Vogeler
ART-BROS: Kunst auf dem Weg ins digitale Zeitalter –
Reproduktion als Ergebnis interaktiver Prozesse
I
„Dem Sammler zeitgenössischer Kunst bieten sich durch das große Angebot multiplizierter Objekte neue Möglichkeiten, die Zukunft des seriell hergestellten Kunstwerkes hat jedoch erst begonnen.“ So überschrieb der Kunst- und Wirtschaftsjournalist Willi Bongard seinen Beitrag „Große Kunst zu kleinen Preisen“ für die Wochenzeitung DIE ZEIT über die „ars multiplicata“ im Februar 1968 in Köln.
Der Kritiker bejubelte damals „die Vielfalt der künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten des Hoch-, Flach- und Tiefdruckes“ – und die Chancen für Sammler und solche, die es werden wollten, Kunst zu erschwinglichen Preisen zu erstehen. Bongard sollte Recht behalten – ohne wissen zu können, dass Jahrzehnte später mit dem revolutionären Schritt ins digitale Zeitalter neue Produktionstechniken und Materialien eine weitere Reproduktionsmöglichkeit eröffnen sollten, die sich durchaus für die Herstellung von Originalgrafiken eignet.
Ein Begriff übrigens, auf den später noch einzugehen ist. Gleichwohl sind diese neuen Reproduktionstechniken noch nicht sehr verbreitet. Der Kölner Fotograf Dieter Klein, auch Hersteller dieses Buches, produziert Grafiken für und mit Künstlern, um mit ihnen gemeinsam die art-bros.edition aufzubauen. Maler aus verschiedenen Ländern, die in unterschiedlichen Techniken arbeiten, sind an der Edition beteiligt. Die nahe Zukunft wird zeigen, ob der Markt und weitere Künstler bereit sind für diese in limitierten Auflagen gefertigten Werke. Sollte das der Fall sein, darf man getrost behaupten, dass hiermit eine neue Epoche in der Reproduzierung von Kunst eingeläutet wurde.
Dass es heute noch Vorbehalte gibt, lässt sich nicht leugnen. So empfiehlt etwa die in Köln ansässige Galerie Boisserée auf ihren Internet-Seiten dem interessierten Sammler: „…verschaffen Sie sich die Gewissheit, statt blendend aufpoliertem Glas einen echten Brillanten zu erwerben - statt einer eventuell auch signierten Reproduktionsgraphik eine Künstleroriginalgraphik.“
Wenn man bedenkt, dass die Frau Albrecht Dürers Drucke ihres Mannes einst auf dem Wochenmarkt veräußerte, kann man dagegen nur raten: „Vertrauen Sie Ihrer Intuition!“ Es scheint also an der Zeit, die Blickrichtung zu ändern, überkommene Begriffe zu überdenken und neu zu definieren.
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